Ein zarter Hauch von Déjà-vu
Almuth auf dem Weg zum ersten Alpengipfel
Als wir gegen 16:40 Uhr des 23.09.2022 im Bergrestaurant der Alpspitz-Seilbahn auf unseren Erfolg anstoßen, ist es wie ein zarter Hauch von Déjà-vu: gleicher Ort, gleicher Gipfel, gleiches Getränk … aber heute sitzt mir Almuth gegenüber. Vor fast genau zehn Jahren hatten wir hier mit Fechi auf unseren Erfolg angestoßen, auf meine seit dem letzte Besteigung eines Alpengipfels. Verdammt, wie die Zeit vergeht!
Seit damals war, warum auch immer, alpin nichts gegangen. Klar hatten wir, nachdem Almuth klettertechnisch immer besser geworden war, über eine Alpentour nachgedacht, aber dann kamen mein gesundheitlicher Ausfall, die Corona-Pandemie … und dann plötzlich, im August 2022, ein Beitrag in der Mediathek des Bayrischen Rundfunks über Garmisch-Partenkirchen. Schnell waren meine Bergabenteuer zu Zugspitze, Höllental, Jubiläumsgrat und Alpspitze rausgekramt – ja, klar, der Alpspitz-Klettersteig ist ideal für Anfänger …
Ich dachte ich höre nicht richtig, als Almuth meinte, dass wir doch ein paar Tage unseres ohnehin zerrissenen Urlaubs nutzen könnten, um dorthin zu fahren.
Am Abend des 20. September rollten wir im verregneten Garmisch-Partenkirchen ein, Berge waren nur zu erahnen. Doch als wir am Morgen des folgenden Tages aus unserem Hotelfenster blickten, hatten wir diese traumhafte Aussicht:
Ganz links stand es, stolz, majestätisch, das Objekt unserer Begierde, die über den leichten Klettersteig zu erreichende Alpspitze. Sie hatte dieser Tage nur einen Fehler, sie war tief verschneit.
Egal, wir würden sehen, was ginge, am ersten Tag sollte es ohnehin auf die klassische Touristenrundreise via Zugspitzbahn auf die Zugspitze gehen, den höchsten deutschen Gipfel erleben, etwas akklimatisieren, die Schneelage begutachten.
Die allerdings war schon beeindruckend. Es war blitzschnell klar, das Almuths Zustiegsschuh, sonst bestens für diese Tour geeignet, absolut nicht brauchbar sei, ohne Steigeisen ein viel zu hohes Risiko bestünde.
Als wir am Nachmittag durch einschlägige Garmischer Sportgeschäfte pilgerten, bekamen wir die benötigte Ausrüstung nicht, dafür wiederholt den Hinweis: Alpspitze? Nee, da liegt viel zu viel Schnee drin!
Also wurde die für Donnerstag geplante Besteigung verschoben, es sollte ja wärmer werden, dann eben am Freitag, der Samstag bliebe ja auch noch. Nur das Problem der aufzurüstenden Ausrüstung stand noch im Raum.
Überraschend half die Suche im Internet: es gäbe etwas außerhalb ein alpines Fachgeschäft WNalpin und ohne lange drumherum zu reden – dieses Geschäft ist der positive „Kracher“.
Hier hat man uns kurzerhand erklärt, dass man uns das, was wir begehrten, nur ungern verkaufen würde, das passe nicht zum geplanten Unternehmen - und ja, die Alpspitze ginge mit richtiger Ausrüstung und etwas alpiner Erfahrung, aber nur noch am Freitag, denn dann würde der aktuelle Föhnwind enden, das Wetter umschlagen … Besser bin ich in einem Sportfachgeschäft noch nie beraten worden, jedenfalls hatten wir schließlich alles, was wir brauchten.
Mit ruhigen Gewissen konnte es nachmittags in die Partnachklamm gehen, konnten wir die überraschend schöne Kaiserschmarrn-Alm erleben und schließlich etwas aufgeregt in den Tag unseres Bergabenteuers schlafen.
Dann war es so weit! Pünktlich um 10 Uhr starteten wir an der Bergstation der Alpspitz-Seilbahn zu Almuths erstem Alpengipfel. Schon mit dem Start war klar, dass das keine „normale“ Erstlingstour werden würde, wir standen am ersten Herbsttag des Jahres vor einer klassischen Winterbegehung.
Der Schneematsch der ersten Meter war bald pappig, dann pulvrig, Steighilfen und Drahtseile waren zum Glück eisfrei, der steile mittlere Wandteil allerdings nicht. Hier mussten tatsächlich die Steigeisen raus, was für ein angenehmes Gefühl – wenn auch auf den Leitern etwas ungewohnt.
Während ich etwas skeptisch war, war Almuth kaum zu bremsen. Sie genoss das Abenteuer, hatte keine Probleme mit Höhe, Schnee, Eis und/oder den ungewohnten Steigeisen. Nach 3:30 Stunden, witterungsbedingt 1:30 Stunden später als üblich, standen wir am Gipfelkreuz.
Was für ein Glücksgefühl!
Allerdings mussten wir auch wieder runter. Der geplante Abstieg über die Ostgrat ginge nicht, meinten ortskundige Bergsteiger, es läge zu viel Schnee im Nordwandsteig, man müsse über die Ferrata wieder zurück. Schade, aber kein Problem, es ging also auf den gleichen Weg wieder bergab.
Wieder vergingen drei Stunden und nach insgesamt 6:30 Stunden, 2:30 Stunden mehr als üblich, standen wir am Ausgangspunkt.
Almuth strahlte vor Freude über ihren ersten Alpengipfel, ihre erste Alpentour war wegen der Bedingungen einer Winterbegehung für mich eine der härtesten bisher überhaupt.
Aber Ende gut alles gut, hinter uns lag eine große Bergfahrt. Wie mit Fechi vor zehn Jahren, als wir uns im BW3-Weg verstiegen hatten, stießen wir auf einen, auf unseren, großen Tag an.
Am nächsten Tag, das Wetter war tatsächlich schlechter geworden, schlenderten wir durch das auch durch die Lüftlmalerei wunderschöne Örtchen, aßen hier ein Eis, besuchten dort das eine oder andere Geschäft, genossen heimische Kost … und blickten immer wieder hoch zur langsam in den Wolken verschwindenden Alpspitze!
Wie war das eigentlich mit dem Aufstieg zur Zugspitze durch das Höllental?! Und … und überhaupt!
Es sieht so aus, als würde es bis zur nächsten Alpentour nicht wieder zehn Jahre dauern! Hoffentlich!
Als Ergebnis dieser Alpentour wird auf dieser Webseite der Beitrag Alpspitz-Ferrata überarbeitet und ergänzt und zudem eine Wanderempfehlung Partnachklamm veröffentlicht werden.