Tour 09/2015 - Abratzkykamin 2015
Nix mit „Und jährlich grüßt das Murmeltier!“
Wir haben es (fast) geschafft. Gemeinsam mit Fechi, Wiese und Almuth sitzen wir unter einem der Mauerbögen der Festung Königstein, erfolgreich haben wir den 35 m hohen Abratzkykamin durchstiegen. Es ist herrlich warm, die Sonne scheint, der Blick in die Landschaft ist genial.
Nun geht es an das (inoffizielle) Finale – den Ausstieg über die Festungsmauer. Fechi steigt diesen Teil üblicherweise vor, auch heuer wagt er den kühnen Schritt um die Kante. Schon bald verschwinden seine Füße und er ruft: „Der Nächste kann sich fertig machen!“
Das übliche Kommando „Stand“ allerdings kommt nicht, auch auf Rückfragen: keine Antwort von ihm.
Ratlos sitzen wir drei Nachsteiger unter dem Mauerbogen, ich halte ihn weiter in der Sicherung. Bald schwant mir etwas und dann kommt die Gewissheit …
… Wieses Handy klingelt. Steffi vom Helferteam, das unsere Rucksäcke und unsere - ach nee, verrate ich jetzt noch nicht - auf die Festung transportiert hatte, ist am anderen Gerät, nur etwa 3 m Sandstein über uns. Ihre Mitteilung ist unmissverständlich: unser Weg auf die Festung führt nicht über die Mauer, Fechi ist von Ordnungskräften in Empfang genommen worden.
Dass das Überklettern der Festungsmauer nicht gestattet ist, wissen wir, erwischt zu werden, hatten wir bei jeder unser bisher erfolgreichen Besteigungen in Kauf genommen – und Glück gehabt. Heuer hatten wir weniger Glück – oder doch: denn unsere Helfer hatten – jetzt verrate ich es – auch unsere Eintrittskarten bei sich. Dass wir nicht „schwarz“ in die Festung eindringen, versteht sich von selbst. Das ist genau so Ehrensache, wie wir weder den Blitzableiter als Kletterhilfe nutzen noch irgendwelchen Schaden an der Festungsmauer verursachen, wir sind Sportler.
Jedenfalls war der schnelle Vorwurf des Hausfriedensbruches genau so schnell wie erhoben vom Tisch, unsere drei Eintrittskarten kamen am Seil unter den Mauerbogen gerutscht und kurz darauf standen wir nach einer luftigen Abseilfahrt wieder auf dem Patrouillenweg der Festung, dem Einstieg zum Kamin, kurz danach auf der Festung am Ausstieg aus dem gläsernen Fahrstuhl. Hier erwartete uns schon der Sicherheitsdienst, in unserer „Verkleidung“ waren wir nur schwer zu übersehen.
Ich meine das jetzt nicht ironisch: das kurze Gespräch war nett (das Klettern im Kamin ist ja auch erlaubt, wir waren ja nicht über die Mauer gestiegen und zuckten mit den Schultern auf die Frage, ob wir denn auch übersteigen wollten ;) ), ich persönlich hatte den Eindruck, dass man uns nur am Ausstieg erwartet hatte, weil die Mehrzahl der Kletterer ohne Eintrittskarten dort ankommt.
Liebe Kletterfreunde, die ihr das macht: ihr seid Idioten! Wenn ihr schon Unerlaubtes tut, das irgendwie ja stillschweigend geduldet wird, dann benehmt euch wie Sportler und nicht wie Diebe! Geht auf euren Weihnachtsmarkt zu Hause, der ist gratis!
Wir jedenfalls wurden freundlich verabschiedet *), wechselten Kletter- in Zivilkleidung und gaben uns den Genüssen des herrlichen Weihnachtsmarktes auf der Festung hin. Irgendwie mit einem Dauergrinsen …
Eines muss ich unbedingt noch erwähnen: Der Abratzkykamin ist mit Schwierigkeit IV bewertet und teilweise wirklich nicht einfach, in einigen Passagen regelrecht anstrengend. Unser Kletterküken Almuth ist in dieser Leistungsklasse noch nie geklettert, hatte sich mit etwas Herzrasen aber auf die Tour eingelassen – und ist besser durchgestiegen, als gedacht. Alle Achtung! Und die Folgen langer und enger Kamine, zahlreiche blaue Flecken auf beiden Schulterblättern, sind vielleicht sogar noch in diesem Jahr wieder weg …
*) Nachsatz vom 02.01.2017 - die Aktion hatte keine rechtlichen Folgen! Bitte auch den Eintrag im Gästebuch vom 03.01.2017 beachten.
Bilder dieses Beitrages stammen auch von Dirk Wiesner