Weißkugel, 3739 m
Oberetteshütte - Matscher Ferner - Südflanke
Er ist der dritthöchste Berg Österreichs und lt. der einschlägigen Literatur der alpinistisch wertvollste der Ötztaler Alpen. Doch es waren nicht diese Attribute, die uns zum Weißkugel führten - er war bei unserer Similaun/Finailspitzen-Tour 2001 der Berg, der die Bergwelt in nordwestlicher Richtung dominiert hatte, und er war so beeindruckend schön, dass wir einfach hinauf wollten. (Siehe Similaunbericht,
Eine Woche lang mussten wir Tag für Tag den Aufstieg wegen schlechten Wetters vor uns herschieben - bis sie dann endlich doch noch klappte - unsere bis dahin tatsächlich alpinistisch wertvollste Tour.
Unser Ausgangspunkt:
Glieshöfe im Matscher Tal, 1807 m, (Südtiroler Seite); von dort Aufstieg zur Oberetteshütte, 2670m; unsere Gehzeit inklusive kurzer Pause: 1 Std. 55 min;
Gipfelanstieg:
Von der Oberetteshütte, dabei teilweise über Ausläufer des Oberettesferners in sehr steilem Firn, zur Höllerscharte aufwärts. Von dort tief absteigen auf den Matscher Ferner und diesen in einem ziemlich weit rechts gehaltenen Linksbogen hinauf zum Hintereisjoch. Den steilen Firnaufschwung zum Gipfel aufwärts, die letzten Meter über leichte Kletterei (I bis II) über den Südgrat zum Gipfelkreuz.
Wichtig! Hinweis von Volker aus dem Jahre 2005: der Weg über den Oberettesferner ist praktisch nicht mehr möglich! Ausaperung und damit verbundene Steinschlaggefahr!
Besser ist der inzwischen gut ausgebaute und gesicherte Weg Nr. 5a ab Oberetteshütte zur Höllerscharte!
Literatur:
„Vom Ortler zum Similaun“ Vinschgauer Schutzhütten und ihre Gipfelziele; Wolfgang Jochberger & Herbert Pardatscher-Bestle; Verlagsanstalt Athesia – Bozen; 1998; ISBN 88-7014-956-0;
Karte:
Alpenvereinskarte 30/2; Ötztaler Alpen; Weißkugel, www.dav-shop.de,
1. In den schon späten Nachmittagstunden des 18. Juli begannen wir unseren Aufstieg von den Glieshöfen im Matscher Tal zur Oberetteshütte. Eine eher angenehme Wandertour, die zunächst sanft aufwärts führt, zum Ende jedoch bissig aber unkompliziert eine Steilflanke hinauf führt.
2. Um 6.00 Uhr des 19, Juli begann dann unser Aufstieg an der Oberetteshütte, zunächst zum Oberettesferner und diesen überraschend steil links aufwärts im Firn zur Höllerscharte. Eine solche Steilheit im Firn kannten wir bisher überhaupt nicht - aber mit der richtigen Technik ist der Aufstieg kein Problem.
3. Dieses Bild verdeutlicht die Steilheit einmal mehr - die letzten felsigen Meter zur Scharte sind Fixseilversichert. Wir ahnten an dieser Stelle noch nicht, dass es gleich noch viel härter kommen wird ... denn dann machte sich unsere fehlende Erfahrung bemerkbar: anstatt wie vom Hüttenwirt empfohlen und in der Karte auch deutlich erkennbar tief auf den Matscher Ferner abzusteigen, querten wir östlich in eine Steilflanke.
4. Doch zunächst: nach fast zwei Stunden harter Arbeit ein herrlicher Blick auf das Tagesziel. Es war so greifbar nahe - wenn da nicht diese Steilflanke gewesen wäre. Wir konnten sie zwar technisch sauber gehen und wir hätten den richtigen Weg bald gut erreicht, wenn ... ja, wenn wir uns nicht plötzlich im blanken Eis wieder gefunden hätten. In gerader Linie hämmerten wir uns regelrecht abwärts - und es ging gut. Toi, toi, toi!
5. Der Rest war dann unter Umgehung der Gletscherspalten recht unkompliziert, wenn auch anstrengend, denn der steile Firnaufschwung zum Gipfel ließ uns ganz schön tief "Luft ziehen". Der felsige Gipfelgrat war jedoch bald erreicht.
6. Wir haben uns für die gesicherte Begehung der letzten Meter entschieden (Fixseil über die ausgesetzteste Stelle) und waren gegen 11.40 Uhr am Ziel unserer Träume (zumindest für diesen Tag) - auf dem Gipfel!
7. Auch den Rückzug haben wir im felsigen Abschnitt gesichert: hier Maria beim Abstieg über die letzten Platten zum Schneefeld des Gipfelaufbaus. Freilich kann man das auch solo gehen, aber sicher ist sicher und Zeit hatten wir genug
8. Der Abstieg war ein Genuss: hier Volker und Maria auf dem verwechteten Südgrat. Wenig später konnte der aufwärts so mühevolle Steilaufschwung wie eine Treppe sicher und zügig abgestiegen werden.
9. Na, das macht doch Spaß! Es ging auf der Spur des Aufstieges (ohne Seileinbindung, da uns unsere Spur ja den Weg um die Spalten wies) zurück zur Höllerscharte - dummerweise wieder die Steilflanke hinauf, die nun zwar nicht mehr vereist war, dafür aber an eine ständig abgefeuerte Steinschleuder erinnerte
10. In der Höllerscharte entschlossen wir uns, einen anderen Rückweg zu wählen, nämlich über den Grat auf dem Weg Nr. 5b zur Oberetteshütte. Ein Fehler: Dieser Weg war länger, teilweise sehr ausgesetzt und brüchig, es ging bergauf und bergab und es war extrem anstrengend. Aber beim Fresschen und beim Bierchen auf der Oberetteshütte war die Welt wieder in Ordnung.
Eine irre Gipfeltour, die dringend weiterzuempfehlen ist! Wir hatten hier nicht nur unser bisher alpinistisch schönstes Erlebnis, sondern konnten auch unersetzbare Erfahrungen sammeln. Ein Hinweis jedoch für alle, die diese Tour gehen wollen und hier vielleicht Rat suchen:
Beim Abstieg von der Höllerscharte nicht von der zwar steilen, aber verlockend kürzeren Steilflanke, über die man theoretisch viele Höhenmeter sparen könnte, verleiten lassen. Sie ist bei wenig Schneeauflage entweder vereist und somit für denjenigen, der wenig Eiserfahrung hat, recht kompliziert, oder aber, sobald es taut, steinschlaggefährdet. Lieber in Serpentinen gerade abwärts auf den Matscher Ferner absteigen (Lt. Karte bis unter 3000m) und mühevoll den Matscher Ferner in Richtung Hintereisjoch wieder hinauf.